Das Haus wird zum Kraftwerk

Aktiv-Stadthaus der ABG FRANKFURT HOLDING: Vom Passivhaus zum Energie-Plus-Haus

Projektsteckbrief

Projekttitel: „Aktiv-Stadthaus Speicherstraße“

Themenknoten: Planen und Bauen

Projektziele: EnergiePlus-Haus mit 74 Wohneinheiten, Energiegewinn (aus PV, Abwasser) deckt über das Jahr ­bilanziert den Bedarf für Haushaltsstrom, Heizung, Warmwasser und Allgemeinstrom. Über ein Mieterstrom-Modell der Mainova AG werden die Mieter mit ­Öko-Strom versorgt.

Ort: GPS-Koordinaten 50.101190, 8.661429

Eröffnung: 8. Juli 2015

Bauherr: ABG FRANKFURT HOLDING, Frankfurt am Main

Architekten: HHS Planer + Architekten, Kassel

Begleitforschung: Technische Universität Darmstadt, ­Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, ­Steinbeis Transferzentrum, Stuttgart

Technische Gebäudeausstattung: EGS-Plan GmbH, Stuttgart

Tragwerksplanung: B+G Ingenieure Bollinger und ­Grohmann GmbH, Frankfurt am Main

Forschungsförderung: Bundesministerium für Umwelt, ­Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), ­Forschungsinitiative »ZukunftBAU«

Weitere Förderung: GRÜNER STROM-Projekt gefördert durch Kunden von Mainova-Grünstrom

40 Prozent der Energieverbräuche sind in Deutschland dem Bereich Wohnen zuzuordnen. Besondere Bedeutung für den Klimaschutz haben energieeffiziente Gebäude oder solche, die umweltfreundliche Energie für ihre ­Bewohner sogar selbst erzeugen – für Heizung, Dusche, Haushalt, Aufzug und für Autofahrten.

Hocheffiziente Photovoltaikmodule auf dem Dach und an der Fassade: An der Speicherstraße unweit des Frankfurter Westhafens ist ein Wohngebäude entstanden, das mehr umweltfreundliche Energie erzeugt als die Mieter über das Jahr hinweg verbrauchen. Mit dem Aktiv-Stadthaus entwickelt sich das energieeffiziente Bauen über den Passivhaus-Standard hinaus weiter, bei dem Frankfurt ohnehin ein Spitzenstellung einnimmt.

Die städtische Wohnbaugesellschaft ABG FRANKFURT HOLDING, die schon mehr als 2.500 Wohneinheiten in Passivbauweise errichtet hat, hat hier ein sogenanntes EnergiePlus-Haus entwickelt, das in diesem Maßstab ein Novum ist. Das Mehrfamilienhaus bietet auf 6.500 m² Platz für 74 Wohnungen. Und es deckt – über das Jahr hin bilanziert – den Bedarf der Mieter an Strom, Heizung und Warmwasser.

An der Fassade Strom erzeugen

Zu einer sehr guten Wärmedämmung und einer kontrollierten Lüftung, die auch von Passiv-Häusern bekannt sind, kommt hier eine stromerzeugende Gebäudehülle. Auf dem Dach kommen etwa 1.000 Hocheffizienzmodule zum Einsatz und an der Fassade 330 Module.

Raumwärme und Warmwasser werden durch eine Wärmepumpe erzeugt, die Wärme aus dem ständig fließenden Abwasser im Kanal gewinnt. Die Pumpe wird mit Strom aus den hauseigenen Solarzellen betrieben. Eine Batterie steht als Speicher zur Verfügung, damit der tagsüber erzeugte Strom auch nachts genutzt werden kann. Falls die Anlage zu wenig Strom produziert, beziehen die Mieter Ökostrom aus dem öffentlichen Netz. Ist der Verbrauch gering, speisen die Anlagen Strom ins Netz ein.

Das Aktiv-Stadthaus stellt auch aus architektonischer Sicht eine besondere Lösung dar. Im Sinne einer Nachverdichtung entstand es auf einem 150 Meter langen und nur neun Meter breiten Grundstück, das als Parkplatz genutzt wurde und als fast unbebaubar galt. Die Fassade ist sanft gefaltet, was sie nicht nur optisch gliedert sondern auch die verfügbare Fläche für Solarmodule vergrößert. Auch das Pultdach ist in Größe und Neigung auf maximalen Solarertrag ausgerichtet.

 

Den Mietern helfen, den Verbrauch an die Erzeugung ­anzupassen

Alle Wohnungen verfügen über eine Einbauküche mit Energiespargeräten sowie sparsame Waschmaschinen und Wäschetrockner. Besonders ist ein Touchpanel, auf dem die Mieter den aktuellen Stromertrag der Solaranlagen und ihren eigenen Energieverbrauch ablesen können. Die Mieter können so ihr Verbrauchsverhalten an die Stromerzeugung anpassen und z. B. Geräte zu Zeiten einschalten, in denen viel Strom erzeugt wird. Das Display hilft den Mietern auch, in ihrem Strombudget zu bleiben. Wärme und je nach Wohnungs­größe zwischen 1.800 und 2.500 kWh Strom pro Jahr sind bereits in der Miete enthalten. Darüber hinausgehender Bedarf wird nach dem Mieterstrom-Tarif des städtischen Versorgers Mainova AG abgerechnet. Der ist günstiger als der billigste Ökostrom-Tarif, weil der im öffentlichen Netz nötige Leitungsaufwand entfällt, wenn der Strom vor Ort erzeugt wird.

Wohnen und Mobilität verknüpfen

Das stromerzeugende Gebäude bietet eine neuartige Möglichkeit, Wohnen und Mobilität zu verknüpfen. Im Erdgeschoss befinden sich Stellplätze und Ladestationen für Elektro-Autos und Pedelecs. Sie werden überwiegend aus der Batterie des Hauses geladen. Über den Carsharing-Anbieter book-n-drive, an dem die ABG und die Mainova beteiligt sind, können die Mieter die Elektromobile buchen. Für längere Fahrten stehen konventionelle Fahrzeuge zur Verfügung.

Energie speichern und Stromnetze entlasten

Mit dem „Masterplan 100 % Klimaschutz“ hat sich Frankfurt zum Ziel gesetzt, seinen Energiebedarf bis 2050 vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken. Eine Herausforderung dabei ist der Abgleich der schwankenden Stromerzeugung von Wind- und Solaranlagen mit dem Bedarf der Verbraucher. Dies kann innerhalb einer Stadt oder Region geschehen oder auf Bundes- bzw. EU-Ebene. Im Aktiv-Stadthaus sorgt der hauseigene Batteriespeicher schon vor Ort für den Abgleich. Außerdem entlasten dezentrale Erzeugung und Eigenverbrauch im Haus das Stromnetz. Der Investitionsbedarf für Stromleitungen sinkt, und so werden die Kosten für die ­Energiewende verringert.

Klimaschutz

Energieeffizientes Gebäude mit sehr guter Wärmedämmung, kontrollierter Lüftung und stromerzeugender ­Gebäudehülle; erzeugt mehr umweltfreundliche Energie als die Mieter über das Jahr hinweg verbrauchen.

Mieterstrom

Strombudget ist bereits in der Miete enthalten; darüber hinausgehender Bedarf wird nach Mieterstrom-Tarif abgerechnet; Touchpanel hilft, das ­eigene Verbrauchsverhalten an den ­aktuellen Stromertrag anzupassen.

Energiewende

Hauseigener Batteriespeicher gleicht vor Ort die schwankende Strom­erzeugung mit dem Verbrauch der ­Bewohner ab; dezentrale Erzeugung und Eigenverbrauch im Haus entlasten das Stromnetz und senken so Kosten.

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