Umwelt
Der Wilde Sonntag: Die Loreley, ihre wilden Schwestern und die ungeheure Kraft des Wassers
Sonntag, 21.08.2022
Wer das im September 2021 eröffnete Deutsche Romantik-Museum noch nicht besucht hat, konnte dort einem spannenden Nachmittag erleben. Denn am fünften Wilden Sonntag war Klima- und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig zu Gast im Großen Hirschgraben. Die Gäste konnten die faszinierenden Wasserfrauen der Romantik kennenlernen und hören, welche Gefahren uns heute durch Starkregen drohen. Nach zwei Vorträgen blieb viel Zeit für einen Museumsbesuch, mit oder ohne Führung, und eine Erfrischung im zauberhaften Gärtchen des Goethehauses.
Wasserfrauen: Die mythischen Wesen verbinden Erotik und Gefahr und gelten als Inkarnation der geheimnisvollen Kraft des Wassers. Insbesondere in der Romantik verzauberten sie als Nixen, Melusinen oder Undinen die Menschen.
Sie treten in ganz unterschiedlicher Gestalt und unter verschiedenen Namen auf: Bei Heinrich Heine ist es die Loreley, die sich auf dem schroffen Rheinfels das blonde Haar kämmt und die Schiffe auf den Klippen zerschellen lässt. Bei Eduard Mörike wohnt die „Schöne Lau“ auf dem Grund des Blautopfs auf der Schwäbischen Alb. Friedrich de la Motte Fouqué erzählt die Geschichte von Undine, die durch E.T.A. Hoffmanns Oper dann zum Mythos wird. Und immer wieder – ob bei Goethe oder bei Felix Mendelssohn Bartholdy – taucht die Melusine aus den Untiefen auf. Am Anfang dieser Reihe steht das namenlose „feuchte Weib“, das dem Fischer in Goethes Gedicht zum Verhängnis wird:
„Aus dem bewegten Wasser rauscht / Ein feuchtes Weib hervor…
Halb zog sie ihn / Halb sank er hin / Und ward nicht mehr gesehn.“
Beim „Wilden Sonntag“ nahm Prof. Dr. Wolfgang Bunzel die Gäste mit auf eine romantische Reise zu den Wasserfrauen und weiblichen Flussgeistern. Er sprach über „Die Loreley und ihre Geschwister – von der Erfindung eines deutschen Mythos.“ Wolfgang Bunzel leitet die Abteilung Romantik-Forschung im Freien Deutschen Hochstift und lehrt Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität. Er gehört zum Kuratorenteam der Dauerausstellung im Deutschen Romantik-Museum und ist einer der beiden Geschäftsführer der Trägergesellschaft Brentano-Haus Oestrich-Winkel.
Ganz anders – und doch in freier Assoziation zum Thema – der anschließende Vortrag „Die Kraft des Wassers 2.0 – Zur Bedeutung der Starkregengefahrenkarte“ vom Leiter des Frankfurter Umweltamtes, Peter Dommermuth, zu den wilden Wassern der Heutzeit, in der Fachsprache den „Starkregenereignissen im Klimawandel“. Wann steht der Theatertunnel vielleicht bis in den Großen Hirschgraben unter Wasser und die Nixen der Romantik können – ohne trockene Füße zu befürchten – direkt in das Deutsche Romantik-Museum schwimmen? Die jüngst veröffentlichte Starkregengefahrenkarte der Stadt gibt Antworten.
Ein Wilder Sonntag also, der die wilden Wasser als Crossover in bewegten Wellen durchwatet und entspannt im Gärtchen des Goethehauses endet.
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