Auf dem Weg zur
Green City Frankfurt

Eine Zwischenbilanz

Städte produzieren mehr als 80 Prozent des weltweiten Brutto­inlandsprodukts und sind zugleich für 70 Prozent des Energieverbrauchs und der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich*. Und der Anteil der Bevölkerung, der in Städten lebt, wächst.

Frankfurt ist Zentrum der Metropolregion FrankfurtRheinMain, Finanzplatz, Verkehrsnotenpunkt und einer der bedeutendsten Internetknoten. Und Frankfurt wächst: Die Zahl der Einwohner/innen stieg in den vergangenen zehn Jahren um rund 75.000. Zugleich ist das Stadtgebiet mit rund 248 km² äußerst kompakt. Es bedeutet beispielsweise besondere Herausforderungen, Wohnraum für die wachsende Zahl der Frankfurter/innen und ausreichend Gewerbeflächen für eine produktive Wirtschaft zu schaffen und zugleich Grünflächen zu erhalten, die die Stadt lebenswert machen und helfen, mit den Folgen des Klimawandels zurechtzukommen. Die Kompaktheit der Stadt verschärft solche Zielkonflikte und bietet zugleich die Chance, in einem vergleichsweise über­schaubaren Rahmen Lösungen zu entwickeln und zu erproben.

Was wir unter einer Green City verstehen

Eine nachhaltige Stadtentwicklung fördert einen Ausgleich zwischen öko­nomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen ­Bedürfnissen, der nicht auf Kosten Dritter oder nachfolgender ­Generationen geht.  Mehr lesen

Einen breiten Ansatz wählen

Mit dem Magistratsbeschluss vom 25.06.2010 startete Frankfurt seine Bewerbung um den European Green Capital Award 2014/2015, bei der die Stadt schließlich zu den drei Finalisten gehörte. Die Bewerbung sollte die Entwicklung Frankfurts zu einer nachhaltigeren Stadt, zur Green City Frankfurt, strategisch und kommunikativ beschleunigen.

Während sich der Bewerbungsprozess in seiner ersten Phase an zwölf Umweltindikatoren wie etwa Luft, Lärm, Energie­effizienz oder Nahverkehr orientierte, war der Frankfurt-Green-City-Prozess von Anfang an thematisch breiter aufgestellt. Es war klar, dass die einzelnen Themenfelder in engen Wechselwirkungen zueinander stehen. Planungen und Projekte, die die Perspektive nur auf einzelne Themen richten, können zu Zielkonflikten mit anderen Bereichen führen oder Synergien ungenutzt lassen.

In Anlehnung an die beteiligten Dezernate hat die Stadt vier, ab 2012 fünf „Themenknoten“ formuliert, in denen Frankfurt anerkannte Stärken hat, in denen aber auch große Herausforderungen auf die Stadt zukommen, wenn sie prosperieren und den Frankfurter/innen eine hohe Lebensqualität bieten soll: „Wirtschaft und Konsum“, „Planen und Bauen“, „Bildung“, „Klima und Freiflächen“ und „Mobilität“. Das ungewöhnliche Bild zeigt: in einem „Themenknoten“ laufen einerseits viele Stränge zusammen. Andererseits sind die Knoten in einem Netz untereinander verbunden. Der Ansatz soll helfen, komplexen Wirkungszusammenhängen gerecht zu werden und umfassen­dere Antworten entwickeln.

Seit 2010 wurden in den Themenknoten grundlegende kon­zep­tionelle Planungen in Angriff genommen wie etwa der Masterplan Industrie, das Innenstadtkonzept, der Masterplan 100 % Klimaschutz oder die Mobilitätsstrategie. Das Integrierte Stadtentwicklungs­kon­zept wird bis 2017 unter breiter Bürgerbeteiligung viele dieser Konzeptionen miteinbeziehen und ein Zukunftsbild für Frankfurt 2030 entwerfen.

Mit den weiteren hier vorgestellten Projekten konnten Prototypen entwickelt werden, die verschiedene Fäden einer nachhaltigen Stadtentwicklung aufnehmen. Die Pfeilboxen in den Projektportraits zeigen die verschiedenen Dimensio­nen, in denen die Projekte einen Beitrag dazu leisten.

In neuen Formaten zusammenarbeiten

Der Green-City-Prozess bietet einen sinngebenden Rahmen, der einer Marginalisierung von Einzelprojekten entgegenwirkt. Kennzeichen sind interdisziplinäre Kooperation, Kommunikation und die Beteiligung der Stadtgesellschaft.

Mit der Bewerbung um den European Green Capital Award entstanden instutionalisierte dezernatsübergreifende Arbeitsformen. Ein Lenkungskreis, besetzt mit den Referentinnen und Referenten der beteiligten Dezernate Umwelt, Wirtschaft, ­Planung, Verkehr und inzwischen auch Bildung, stimmt die Prioritäten bei Koordinierung und Kommunikation des Gesamtprozesses ab. Die Green Capital Award-Arbeitsgruppe und spätere Redak­tionsgruppe liefert die fach- und dezernatsübergreifenden Beiträge für die unterschiedlichsten Kommunika­tionsformen.

Im Nachhaltigkeitsforum formulieren derzeit 19 Frankfurter Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft, Institutionen und Verbänden ihre Sicht auf Aufgabenstellungen und Ziele der nachhaltigen Stadtentwicklung. Regelmäßige Soiréen dienen einer formatierten Konsultation zwischen den Mitgliedern und der Stadtpolitik. Die Statements der Mitglieder beschreiben die Funktionen, die die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung erfüllen sollte. Sie finden die Statements in den Profilen der Mitglieder.

Zugleich wurden im Green-City-Prozess auf der Arbeitsebene neue Formen einer ämter- und fach­übergreifenden Zusammenarbeit erprobt, z. B. in eigens eingerichteten Arbeitskreisen oder Projektgruppen. Die in diesem Bericht vorgestellten Projekte bieten vielfältige Beispiele für kompetenz- und zuständigkeitsübergreifende Analysen und Lösungsansätze.

Nachhaltigkeitsforum

Die Mitglieder des Frankfurter Nachhaltigkeitsforums bringen ­ihre Expertise und ihre Erfahrungen und Anregungen als „Sounding Board" in den Green-City-Prozess ein. Sie haben sich auf zwei Soiree-Veranstaltungen mit dem Thema Frankfurt-Green-City-Berichterstattung auseinandergesetzt. Die Statements der Mitglieder dazu können Sie in ihren Profilen ­lesen.

hr-iNFO-Veranstaltungen

Eine Veranstaltungsreihe mit bisher elf hr-iNFO-Veranstaltungen zu zentralen Themen des Green-City-Prozesses boten breiten Raum zur Diskussion mit Stadt­rätinnen und Stadt­räten sowie Fachexpertinnen und Fachexperten. Hier finden Sie Aufzeichnungen der Veranstaltungen zum Nachhören.

Nachvollziehen und zur Diskussion stellen

Die Bewerbung zum Green Capital Award wurde zeitgleich zur Abgabe bei der EU auch hier, auf der neu eingerichteten Internetplattform www.frankfurt-greencity.de, vorgestellt. Sie dokumentiert und kommuniziert seitdem den Green-City-Prozess und wurde inzwischen erweitert um einen Kalender zu Nachhaltigkeitsthemen, der rege gefüllt wird, und die Rubrik „Nachhaltig leben“. Diese stellt den Frankfurter/ innen Alternativen zu gewohnten Kauf­ent­schei­dun­gen, Verhaltensmustern und Denkweisen vor.

In einer Medienpartnerschaft mit dem Hessischen Rundfunk wurden seit Januar 2012 elf hr-iNFO-Veranstaltungen zu zentralen Themen des Green-City-Prozesses ange­boten. Sie gaben in einer Podiums­diskus­sion mit Stadt­rätinnen und Stadt­räten sowie Fachexpertinnen und Fachexperten breiten Raum zur Diskussion.

Die Frankfurter/­innen ­beteiligen

Die meisten der hier vorgestellten Projekte sehen eine intensive Beteiligung der Stadtgesellschaft vor. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Formaten wurden entwickelt und erprobt, um das Wissen und die Sichtweisen von Fach­experten, Bürger/innen oder etwa der Anwohner/innen einzube­ziehen. Diskussionsveranstaltungen, Foren, Expertenbeiräte, Fragebogenaktio­nen oder Planungs- und Themenwerkstätten gehören ebenso dazu wie das neu gestartete Portal www.frankfurtdeinestadt.de, das im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts als Plattform für einen offenen Dialogprozess mit den Frankfurter/innen dienen soll.

Kommunikation und Bewertung ­weiterentwickeln

Wie bereits die Bewerbung um den European Green Capital Award, soll auch die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung der Kommunikation dienen und eine Bewertung der Schritte hin zu einer Green City Frankfurt sowie den Vergleich mit anderen Städten ermöglichen. Mehr dazu im Ausblick.

* Nach „Zukunft entscheidet sich in Städten“, Norbert Kloppenburg, Vorstandsmitglied der KfW Bankengruppe, F.A.Z., 14.06.2016, Seite 20